Kongotour 2019 – Im Herzen Afrikas unterwegs
„Es wird gepredigt werden dies Evangelium vom Reich in der ganzen Welt zum Zeugnis für alle Völker…“ (Mt. 24,14)
Mit einem tiefen, vertrauenswürdigen Strahlen schaute uns Pastor Bokangu an. Aus seinem Mund kam ein herzliches Dankeschön für unsere gemeinsame Zeit hier im Kongo und für die große Unterstützung der Pygmäen.
Doch der Reihe nach: Am Tag vor dem Abflug in den Kongo hatte unsere 6-köpfige Reisegruppe noch immer keine Visa. Es wurde uns zwar immer wieder versprochen, doch dann musste Markus die Sache persönlich in die Hand nehmen und nach Berlin fahren. Es war dann doch ein Wunder, dass wir die Visa noch bekamen. Es fehlte nicht an den nötigen Papieren, sondern an dem offiziellen Aufkleber für das Kongo-Visum. Diese kamen dann direkt aus dem Kongo am Freitagnachmittag, genau als die Botschaft schloss. Wir beteten. Markus bekam Kontakt zu einem Freund des Botschafters aus dem Kongo. Der rief ihn kurz-entschlossen an. Drei Botschaftsangehörige kamen aus ihrem Feierabend zurück, und die Botschaft stellte uns die gültigen Visa aus. Wir hatten es schon öfters erlebt, dass durch Gebet sich die Dinge zum Guten wenden und Segen fließen darf.
Kinshasa
Also waren wir auf dem Weg in den Kongo. Schon kurz vor der Landung empfing uns die Hauptstadt Kinshasa mit einem schweren Gewitter. Blitze zuckten, und es war dem Können des Piloten zu verdanken, dass wir gut gelandet sind. Voller Freude empfing uns Jean Didier mit zwei Mitarbeitern. Jean Didier leitet seit 2003 die gesegnete Arbeit im Kongo. Angekommen auf unserer Missionsstation am Rande der großen chaotischen Stadt, fielen wir müde auf unsere Matten. Am nächsten Morgen machten wir uns auf in die Stadt, um noch einige Sachen zu besorgen, bevor es mit einem Flugzeug von Congoairways nach Mbandaka am Äquator ging.
Hier hatte sich etwas verändert. Die Atmosphäre in der Stadt war uns immer als aggressiv und feindlich bekannt. Doch dieses Mal pöbelte uns keiner an, sondern alle begegneten uns sehr freundlich.
Es sind wohl schon die Auswirkungen der ersten demokratischen Präsidentenwahl seit 1961, die hier im Dezember abgehalten wurde. Damals wurde Patrice Lumumba nach zweimonatiger Amtszeit von den Geheimdiensten der Belgier und Amerikaner umgebracht. Er war damals die große Hoffnung für ein freies, demokratisches Kongo, nachdem die Belgier das Land über 70 Jahre ausgebeutet und mehr als 10 Millionen Menschen umgebracht hatten. Doch die Westmächte hatten Angst davor, dass sich der Kongo der damaligen Sowjetunion öffnen könnte, und suchten deshalb einen gehorsamen Vasallen. Sie fanden ihn in Joseph Mobutu, der das Land 30 Jahre diktatorisch führte und es an den Rand des Untergangs brachte. Desire Kabila besetzte daraufhin das ganze Land militärisch. Sein Sohn Joseph Kabila regierte bis letztes Jahr im Dezember. Er hatte die Wahl über mehrere Jahre hinausgezögert; um noch länger an der Macht bleiben zu können. Doch der Druck nach freien Wahlen erhöhte sich vom In- und Ausland, bis er endlich nachgab. Jetzt ist Felix Tshisekedi neuer Präsident, und auf ihm lasten die Erwartungen des ganzen Volkes der Demokratischen Republik Kongo.
Mbandaka
Freudig heißt uns Pastor Bokangu schon auf der Landepiste willkommen. Hier in der Provinzhauptstadt von Kongo-Äquatorial kennt man sich gut, so gibt es für Pastor Bokangu fast keine Beschränkungen.
Mit einem Pick Up fahren wir zu unserem Missionsgelände. Kurz vor dem Hauteingang säumen Hunderte den Weg und heißen uns herzlich willkommen. Pygmäen führen Freudentänze auf, und es herrscht ein quirliges Treiben. Es ist für unsere Teilnehmer immer wieder sehr eindrücklich, wenn sie in ihre Unterkünfte geführt werden: Hütten aus getrockneten Bananen/Palmblättern, auf Stelzen stehend, direkt an dem großen und breiten Fluss Kongo. Von hier aus machen wir uns mit Geländewagen und Einbaum auf den Weg zu unseren Kirchen im Dschungel. Es hatte die Nacht über geregnet, sodass die ersten Kilometer mit den geliehenen Toyota-Geländewagen bereits zum Abenteuer werden. Tiefe mit Wasser gefüllte Löcher und Brücken aus Baumstämmen sind zu überqueren. Von den Kirchen Penzele und Bofidji, die auf unserer Route liegen, wurden wir bereits begrüßt, bevor wir Baolongo erreichen. Es ist der Geburtstort von Pastor Bokangu. Hier konnten wir die letzten Jahre eine große Schule beginnen mit aktuell 620 Schülern. Auch die Gemeinde ist gewachsen, und die Menschen begrüßen uns überschwänglich. Hier lassen wir die Autos zurück, um nach einem ca. 45 minütigen Marsch in der Mittagshitze die Einbäume zu erreichen. Unser Schweiß fließt in Strömen, doch diese Strapazen werden entschädigt mit tollen Impressionen von Menschen und Landschaften.
Eladji
Durch tiefen undurchdringlichen Dschungel gelangen wir mit den Einbäumen nach Eladji.
Eladji ist ein ganz besonderer Ort. Wir hatten hier vor fast 10 Jahren ein Stück Land gekauft, um Pygmäen die Möglichkeit zu geben, selbst Nahrungsmittel anzupflanzen um sich selber versorgen zu können. Es ist für Pygmäen im Kongo nicht erlaubt Land zu erwerben, so sind wir in die Bresche gesprungen. Heute leben hier ca. 30 Pygmäen, in Gemeinschaft mit Bantus (Zur Erinnerung: Bantus blicken abfällig auf Pygmäen herunter, und hatten sie oft als Sklaven benutzt).
Es ist ein Vorzeigeprojekt, weil hier gelebte Versöhnung dieser beiden Volksgruppen stattfindet, was uns sehr tief beindruckte. Schon wieder ziehen Gewitterwolken heran, und wir sind dankbar, dass wir ein Dach bereitgestellt bekommen, unter dem wir unsere Zelte aufstellen können. Dem tropischen Regen sind unsere Zelte nicht gewachsen.
Am nächsten Morgen werden wir umhergeführt. Nah angrenzend an das Dorf hat Pastor Bokangu eine 16 Hektar große Fläche angemietet. Hier bauen die Pygmäen in großem Stil Kasava (kartoffelähnliche Wurzel), Tomaten, Pfefferschoten und Erdnüsse an.
Ziel soll es sein, dass sie in Zukunft mit den Nahrungsmitteln Handel treiben können, um sich eine Existenz zu sichern. Wir möchten sie darin unterstützen, und diese 16 Hektar kaufen, dazu zwei Einbäume mit Außenbordmotor, um die Ware auf den nächsten, größeren Markt bringen zu können. Alles zusammen kommt auf ca. 11.600 Euro. Dadurch sichern wir die Versorgung der Pygmäenfamilien.
Nach einem gemeinsamen Gottesdienst machen wir uns nach zwei Tagen wieder auf, zu weiteren Kirchen im Kongo, immer noch tief beeindruckt von dem Umgang der Menschen miteinander in Eladji.
Der Fluss wird breiter, und wir können auf unsere Einbäume mit Außenbordmotor umsteigen. Jetzt geht es zügiger voran, wenn da nicht wieder der Regen wäre, der uns zu einer Pause in einer neu gegründeten Gemeinde zwingt. Auch den See „Lac Tumba“ können wir heute nicht mehr überqueren, da durch den Sturm die Wellen zu hoch sind für unsere Einbäume. In einem Dorf gewährt man uns Unterschlupf.
Schon früh am Morgen weckt uns Pastor Bokangu. „Der See sei jetzt ruhiger, und wir sollten schnell weiterfahren“, meint er. Schon geübt von den letzten Tagen, packen wir unsere Sachen, beladen die Einbäume, und weiter geht’s.
Lac Tumba/Bwalanga
Wir brauchen ca. fünf Stunden, bis wir unser Ziel Bwalanga erreichen, da wir den See von Nord nach Süd fast ganz durchfahren müssen. Hier war eine ehemalige belgische Forschungsstation, für Pflanzen und Tiere im Kongo. Etliche oft halbverfallene Häuser zeugen davon. Wir dürfen es uns auf der Veranda des ehemaligen Gästehauses des Königs von Belgien gemütlich machen. Wir bevorzugen es aber, in unseren Zelten zu schlafen, statt in den muffigen, nach Fäulnis riechenden Räumen des belgischen Königs Baudouins, der hier 1955 zu Besuch war. Wir haben hier drei Kirchen in der Nähe. Es ist ein sehr schönes Erlebnis, wenn wir von den Gemeindemitgliedern mit Gesängen und Tanz begrüßt werden. Mit großen Augen schauen uns vor allem die Kinder an, ist es für sie oft das erste Mal, dass sie überhaupt Europäer zu Gesicht bekommen. Doch nach ein paar Momenten des Kennenlernens wird zusammen geschäkert und gelacht. Schnell werden Kontakte geknüpft, und sie lassen uns nur sehr ungern wieder gehen.
Wir verlassen den Lac Tumba und erreichen nach 19-stündiger Einbaumfahrt wieder unsere Häuschen auf Stelzen in Mbandaka. Es fallen Sätze wie: „Hier fühle ich mich wie zuhause,“ oder „Schön, wieder daheim zu sein“. Dabei ist unsere Unterkunft sehr einfach, kein fließendes Wasser, geschweige denn Strom. Als Markus Pastor Bokangu fragt, wann wir denn die Möglichkeit hätten an das Ortsnetz von Mbandaka zu kommen um Strom zu bekommen, schaut ihn Bokangu kopfschüttelnd an, und sagt: „Es gibt in ganz Mbandaka keinen Strom“. Hier kommt der Entwicklungsstandard dieser Region zu Tage.
Mit einem großen Gottesdienst werden wir verabschiedet, bevor es wieder zurück nach Deutschland geht. Doch unsere Gedanken drehen sich weiter um dieses unfassbar schöne Land, den Kongo, welches jedoch dringend unsere Unterstützung braucht. Wir freuen uns ganz besonders, dass wir Pastor Bokangu voraussichtlich bei unserem Missionsfest am 3. November hier in Deutschland haben. Er wird von spannenden Erlebnissen aus der Missionsarbeit im Kongo berichten. Herzliche Einladung!